Jedes Kloster oder größere Kirche hatten in vergangenen Zeiten eine Bauhütte. Oft waren Klosteranlagen von immensen Ausmaßen, es wurde neu oder umgebaut, Gebäude mußten unterhalten oder Schäden beseitigt werden. So gab es im baulichen Bereich immer Arbeit, womit sich eine feste Baugruppe oder eben Bauhütte erklärt und rechtfertigt.
In den vergangenen Jahren hat sich eine solche Baugruppe/Bauhütte in Ichtershausen wieder entwickelt: mit Gefangenen. Jugendliche aus der Jugendstrafanstalt arbeiteten an den Kirchen und Pfarrhöfen des Kirchspiels, bauten eine Scheune zum Museum aus und wirkten in großem Umfang bei der Restaurierung der Klosterkirche St. Georg und Marien zu Ichtershausen mit. Dieses Bauwerk stammt aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts und ist in seinem Ursprung eine dreischiffige romanische Basilika.
Der Zahn der Jahrhunderte nagte auch an diesem Bauwerk (Verfall, Brände, Umbauten), so dass viele romanische Elemente (Bögen, Obergaden) im Zuge der Zeit vermauert wurden. Diese verlorengegangenen Rundungen wieder freizulegen und somit der romanischen Kirche von ihrem Ursprung zurückzugeben was möglich ist, stellt einen zentralen Aufgabenbereich des Gefangenenprojektes dar.
Somit sind jugendliche Gefangene sinnvoll beschäftigt und bringen ursprüngliche Romanik zum Erleben!
Bei diesen Arbeiten sind die Jugendlichen wie selbstverstädlich auch in den Kirchenjahresablauf mit integriert und fragen nach den Bedeutungen, wenn sie z.B. im Herbst die Erntegaben aus den Kirchen holen oder auf Weihnachten hin einen Stall als Herberge und die Krippen in die Altarräume der Kirchen zimmern. Genauso stellen die Gefangenen auch Fragen nach der Geschichte, der Vergangenheit des Ortes, der Klosterkirche oder auch des Gefängnisses, welches auf dem ehemaligen Klostergelände mit den alten Gebäuden seine Einrichtung fand. Das Interesse von einigen Gefangenen geht hin und wieder soweit, dass einige sich sogar am Mitschreiben der Chronik beteiligten.
Wo heilige Mauern
irdische Schuld begrenzen
Inspiriert von der „Straße der Romanik“ Sachsen-Anhalts entstand der Wunsch ein ähnliches kulturtouristisches Angebot für Thüringen zu schaffen. Der Impuls ging von einem eher ungewöhnlichen Ort aus: der Jugendstrafanstalt des Freistaates Thüringens in Ichtershausen. Zu erklären ist dieser Impuls dank dem Umstand, dass dieses Gefängnis eingerichtet ist auf dem Gelände einer ehemaligen mittelalterlichen Klosteranlage. Die Klosterkirche als Gefängnismauer schafft die Atmosphäre immer wiederkehrender Fragen jugendlicher Inhaftierter nach der Geschichte dieses Ortes.
|